Die Jagdmusik, ein historischer Rückblick

Wer Näheres bzw. wissenschaftliche Information zur Entstehung und Entwicklung der Jagdmusik in Österreich bzw. in Niederösterreich erfahren will, wird bei seriöser Literaturforschung auf folgende Namen (ein Auszug) stoßen: Benedikt Heinrich, Hoffmann Peter, Killian Herbert, Ladenstätter Kurt, Nussbaumer Johann, Paul Bernhard, Paul Ernst, Pöschl Josef, Josef Schantl bis hin zu Carl Zellner.

Der nun folgende geschichtliche Überblick, bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, wurde teilweise aus  dem Buch: Die Österreichische Jagdmusik, Josef Schantl und Carl Zellner, Erster Teil, Verlag Julius Chmel, Wien 1886, entnommen und beschreibt die Entwicklung der Jagmusik und deren länderspezifische (Frankreich und Österreich) Verwendung vom 16. bis zum 19. Jahrhundert:

Frankreich

Der durchdringende, weithin vernehmbare Ton des Hornes war der Grund, dass der Jäger sich desselben bei den größeren Jagden bediente, um durch die auf demselben gegebenen Signale sich mit den übrigen Jägern der schmetternde Ton des Horn dazu, die Meute zur eifrigeren Verfolgung des gehetzten Tieres anzufeuern. Es haben daher schon vor undenklichen Zeiten die Jäger die Notwendigkeit empfunden, sich stets des Hornes bei Jagden zu bedienen.

Man bediente sich in den ältesten Zeiten in allen Ländern zuerst des Hornes oder Hörnchens, das aus dem Horne der Tiere verfertigt war. Diese Hörner, weil an der Hüfte getragen, „Hüfthorner“ genannt, waren derart primitiv und roh dass sie auf der Jagd, sowie auch im Kriege – und da auch zur Abgabe eines und desselben, in verschieden Intervallen erzeugten Tones – rein als „Signalinstrument“ dienen konnten.

Die Entstehung der Fanfare und der sich daraus entwickelnden Jagdmusik beginnt erst im 16. Jahrhundert, zur Zeit der Vervollkommnung des Jagdhornes, welches bei Abgabe verschiedener Töne gestattete. Man sieht zu Aachen noch das Horn Karl des Großen (742 bis  814 n. Chr.), welches man seit dessen Tode daselbst aufbewahrt. Dieses Horn war aus Elfenbein gefertigt. Derartige Hörner wurden „Olifant“ genannt.

Entwicklung des Horns

In den prächtigen Gobelins des Louvre, von Lucas de Leyde gezeichnet, wurden die Jagden zur Zeit Franz 1. von Frankreich (1494 bis 1547 n. Chr.) dargestellt. Man sieht auf denselben Jäger mit einem kleinen Horn, das sie an einem langen großen Bandelier umgehängt trugen. Dieses Horn aber, anstatt rund zu sein, war in Winkeln in Form eines Fünf oder Sechseckes abgebogen. Erst unter Carl IX (1550 bis 1575 n. Chr.) rundeten sich diese Winkel. In den Gravuren dieser Zeit und besonders in denen der königlichen Jagd (welches Buch Carl IX. zum Verfasser hat, der selbst ein tüchtiger Hornbläser gewesen ist) sehen wir die Jäger mit Hörnern, deren Bogen so groß war, dass sich das Horn um den Körper des Jägers schlang und gewöhnlich in der Richtung von der linken Achsel zur rechten Hüfte getragen wurde. Diese großen Hörner waren einmal gewunden und wurden „cor de chasse“ genannt, zum Unterschied von den kleinen, nur halbmondförmig gekrümmten Horne, welchen man den Namen „huchet“, Hüfthorn, gab. Unter Louis XIII. (1601 bis 1643 n. Chr.) erfuhr das Jagdhorn keine wesentliche Veränderung; auch machte die Jagdmusik keine besonderen Fortschritte, außer, dass die Signale mannigfaltiger in Folge des verbesserten, einmal gewundenen Hornes gegeben werden konnte.

Erst unter der Regierung Louis XIV. (1638 bis 1715 n. Chr.) entstand die eigentliche, zur großen Berühmtheit gelangte Jagdmusik. Durch den Umstand, dass das Rohr des Hornes bedeutend verlängert und jetzt zwei und einhalbmal gewunden wurde, ließ dasselbe eine freiere Entwicklung der Töne zu. Es war der Beginn der Kompositionen für das Horn. Man gab diesem öfters gewundenen Horn nach dem damals als Kompositeur von Jagdfanfaren berühmten Marquis de Dampierre den Namen „á la Dampierre“ oder kurzweg „Dampierrehorn“.

Der beträchtliche Durchschnitt des Hornbogens war durch die Größe der Kopfbedeckung des damaligen Zeitalters bedingt, da der Jäger den Kopf und den Oberkörper durch die Mensur stecken musste, um das Horn auf die früher angegebene Weise tragen zu können.

Vergessen

Unter Louis XV. (1710 bis 1774 n. Chr.) erfreute sich die Jagdmusik noch immer der größten Pflege, zur Zeit der französischen Revolution geriet sie jedoch ganz in Verfall und Vergessenheit. Erst in jüngster Zeit bringt man derselben mehr Aufmerksamkeit entgegen. Man bediente sich zu dieser Zeit in Frankreich, sowie in den meisten derjenigen Länder, wo Jagdmusik betrieben wird, deshalb so großen Dampierrehornes, halbes Dampierrehorn genannt. Dasselbe ist dreimal gewunden und dadurch auch leichter zu handhaben. Auch sind die Töne dieses Jagdhornes von größerer Klangwirkung. Man verfertigt ferner noch Jagdhörner mit 6 ½  Windungen, deren Tonstärke dem vorher erwähnten Horne gleichkommt, doch haben dieselben nur eine geringe Verbreitung gefunden, da sie, obwohl sehr handlich, ungleich schwerer ansprachen als das bereits erwähnte halbe Dampierrehorn.

In der französischen Jagdmusik zur Zeit Louis XV. waren drei Arten von Fanfaren gebräuchlich. Die Fanfaren wurden im Allgemeinen bei allen größeren Jagden teils von 2, 4, 8 und mehreren Piqueren, so auch von den höchsten und hohen Jagdherren selbst zweistimmig geblasen. Die Fanfaren teilten sich in jene der Tiere, in Fanfaren der Umstände und in solche, welche von den damaligen Komponisten  den betreffenden hohen Jagdgästen gewidmet waren. Die ersteren zwei feststehende Signale für sämtliche Jagden, daher auch gewöhnlich kürzer gehalten, die letzte Art der Fanfaren war in der Form mehr musikalisch, daher auch ausführlicher und länger.

Fanfarenmusik bei den französischen Jagden

Gewöhnlich begann der Aufbruch zur Jagd zeitlich morgens und wurde mit der Fanfare „Le réveil des chasseurs“ (Morgensignal der Jäger) inauguriert, sodann wurden “Le point du jour“ (Der Tagesanbruch) geblasen. Das Zeichen zum Aufbruche zur Jagd wurde mit der Fanfare „ Le départ pour la chasse“ gegeben. Am Orte der Stelldicheins angelangt blies man „L´arrivée au Rendevous“. Kamen die Damen der Jagdgesellschaft angefahren, so ertönte die Fanfare „La caléche des dames“. Wenn der eintreffende Cavalier Besitzer einer ihm gewidmeten Fanfare war, wurde er mit seiner Fanfare begrüßt.

Jetzt erst begann die eigentliche Jagd, die nur den Charakter der Parforcejagd an sich trug. Jedem der Teilnehmer wurde sodann der Platz durch den Jagdleiter angewiesen. Nun wurde der Jagdhirsch mit dem Leithunde rege gemacht und die Meute vom Rüdenmeister losgekoppelt. Dieser Moment wurde durch die Fanfare  „La sortie de chenil“ gekennzeichnet. Hatten die Hunde die Fährte des Wildes angenommen, so gab man dies durch die Fanfare  „Le vol-ce-l´est“ kund. So oft der Jagdhirsch in Sicht kam, wurde dies durch die Fanfare „la vue“ markiert.

Wurde nicht auf Hirsche gejagt, so hatte jede Wildgattung ihre eigene Fanfare, wie z.B. Wolf, Fuchs, Wildschwein, Reh; ja beim Dammwild wurde sogar ein Fanfaren Unterschied gemacht, je nachdem, ob  es ein weißer, schwarzer oder gefleckter Schaufler war.

Bei der Hirschjagd wurde immer die Qualität des Jagdhirsches besonders markiert. War es ein Spießer (cerf de la prémière tête), dessen man ansichtig wurde, so wurde dies durch die Fanfare der Königin („La Reine“) der Jagdgesellschaft mitgeteilt, war der Angejagte ein Gabelhirsch, so wurde die Fanfare  „La Discreté“  (Die Vorsichtige) geblasen, der Sechsender wurde durch die Fanfare „ La Dauphine „ signalisiert, die Fanfare des Königs („Du Roi“) zeigte das Anjagen eines Achtenders an. Der geringe Zehnender wurde durch die Fanfare  „Le Dix – cors jeunement“ , der Kronenhirsch durch die Fanfare  „La royale“ signalisiert, und endlich Hirsche mit abnormen Geweihen hatten das Signal „La bizarde“.

Hourvari de la vie

Das Antreiben der Hunde zur eifrigen Verfolgung des aufgetriebenen Tieres geschah durch Zuruf, teils durch das geschmetterte „Hourvari de la vie“. Hatten die Hunde die Fährte des Wildes verloren, so ward dieses durch die Fanfare „Le forhu“ angezeigt. Wenn das gehetzte Wild den Wald verlassen hatte oder der Ebene zugeeilt war, so wurde ersteres Ereignis durch das Signal „Le changement de forêt“, letzteres durch die Fanfare „le plaine“ angegeben.

Stellte sich das gänzlich erschöpfte Wild vor den Hunden, so ertönte das „Halali“. Das Wild wurde nun entweder mit dem Hirschfänger oder mit einem der betreffenden Jagdspieße abgefangen und dieser Moment durch die entsprechende Fanfare markiert.  Die Jagdgesellschaften formierten nun einen Kreis um das gestreckte Wild. Das Tier wurde an Ort und Stelle versorgt und weggetragen. Die Eingeweide wurden aufbereitet und den Hunden verfüttert. Dieser Moment wurde durch das Signal „La curée“ avisiert. Zum Ankoppeln der Hunde wurde das Signal „La rentrée au chenil“ gegeben. Der Rüdenmeister ließ nun die bereits wieder angekoppelten Hunde partienweise los, welche sich mit Gier auf die daliegenden Eingeweide stürzten und dieselben als die ihnen rechtlich zukommende Belohnung auffraßen. Hiermit war die Jagd beendet und nun ging es an die Heimkehr. Hatte die Jagd eine gute Strecke ergeben, so wurde dies durch die Fanfare „ La retraite de grâce“, im entgegen gesetzten Falle durch die Fanfare „La retraite manquée“ angekündet. Zum Abschied vom Walde blies man abwechselnd „Les adieaux de la forêt“ oder „L´adieu des piqueurs“. Während der Rückkehr der Jagdgesellschaft bliesen die Jäger „La marche de la venérie“; näherte sich der Zug dem Jagdschlosse, so ertönte die Fanfare „La rentrée au chateau“, welche von dem Wart Turme des Schlosses aus beantwortet wurde. Nachdem die Rückkehr vor sich gegangen, verließen die Piqueure und das sonstige Jagddienstpersonal das Schloss und es erklang zum Beschlusse des Jagdtages als Abschied „Le bon soir des chasseurs“.

Österreich

Der erste, der eine Art Jagdmusik nach französischem Muster in Österreich einführte, war Ferdinand Leopold Graf von Spork, Herr der Herrschaft Hermann – Mistiz, kaiserlicher Oberjägermeister in Schlesien, gest. 1738, einer der größten Waidmänner der Zeit, der auch eine große Hubertusmedaille prägen ließ, die in Gold noch heute vom Niederösterreichischen Jagdschutzvereine nur in den  seltensten Fällen an ganz ausgezeichnete Waidmänner als höchste Auszeichnung verliehen wird. (Graf Breunner – Enckevoerth ist Besitzer der Medaille.) – Graf Spork, welcher während seines Aufenthaltes in Paris 1680 das so genannte Dampierrehorn kennen lernte und an der französischen Jagdmusik einen großen Gefallen fand, beschloss, auf seinen Jagden in Böhmen eine ähnlich Jagdmusik einzuführen. Graf Spork brachte zu diesem Behufe französische Hörner nach Böhmen und ließ zwei seiner Bedienten durch einen gewissen Wenzel Sweda aus Lissa in Böhmen lehren, den er später auf seine Kosten nach Paris schickte, um sich teils selbst im Hornblasen zu vervollkommnen, teils um die französische Jagdmusik kennen zu lernen, und die Jagdmusik des Grafen Spork nach französischem Muster einzurichten. – Kaiser Karl VI. (1685 bis 1740 n. Chr.), der ein großer Liebhaber der Jagd und auch ein begabter Komponist war, ließ dann auch bei den kaiserlichen Jagden Fanfarenmusik verwenden, und es bliesen bei diesen Jagden Waidjungen und Plachenknechte das Waldhorn. Später kam die Fanfarenmusik teilweise in Vergessenheit und hörte bald ganz auf, bis sie zur Zeit der Regentschaft von Kaiser Franz I. (1768 bis 1835 n. Chr.). Der damaligen Oberstand und Hofjägermeister Carl Fürst von Auersperg  erweckte die Jagdmusik  im Jahre 1819 wieder aufs  Neue.

Kein rechter Unterricht

Die Jagdmusik wurde gelegentlich bei Jagden auf Hirsch und Sau im Prater und im kaiserlichen Tiergarten von vier Zeugjägern intoniert; doch war diese Jagdmusik höchst simpel, weil die Jäger keinen rechten Unterricht genossen hatten und auch niemand da war, der sich der Mühe unterzogen hätte, eine regelrechte Jagdmusik einzurichten.

Im Jahre 1845 wurde die geringe Zahl der Horn blasenden Jäger von vier auf acht gebracht und nun erst durch einen Musiklehrer, namens Bubnik, notdürftig im Naturhornblasen unterwiesen. Zu jener Zeit war das halbe Dampierrehorn in Verwendung. Unter der Regierung von Kaiser Ferdinand (1793 bis 1875 n. chr.), der ein großer Musikfreund war, wurde die Jagdmusik besseren Händen anvertraut, und es erhielt der erste Waldhornist der damaligen Kapelle von Johann Strauß Vater, Namens Kenesch, den Auftrag, die Zeugjäger und Waidjungen im Hornblasen gründlich zu unterrichten. Kenesch komponierte für die großen Jagden einige so genannte „Waldstücke“, die jedoch nicht dem Zwecke der eigentlichen Jagdmusik entsprachen. Bei den schon erwähnten Hirsch- und Saujagden wurde die Jagdmusik in der Weise angewendet, dass zur Begrüßung des Kaisers oder eines Mitgliedes des Kaiserhauses das „Gott erhalte“, zum Beginne der Jagd das „Jagdanblasen“, sodann das so genannte „Waldstück“ und zum Schlusse das „Waidmannsheil“ geblasen wurde. Nachdem alle diese Stücke in ganzen und halben Tönen geschrieben waren, die halben Töne durch das Stopfen erzeugt werden mussten, diese gestopften Töne schwach klangen, infolgedessen sie im Freien wenig hörbar waren, oder oft gar dem Ohre verschwanden, auch diese Art und Weise dem Charakter der Jagdfanfare, wie sie in Frankreich geblasen wurde, ganz und gar entgegengesetzt war, da die Fanfaren, um im Walde deutlich vernommen zu werden, nur aus Naturhörnern bestehen soll, so ist es einleuchtend, dass diese Form der Jagdmusik den Anforderungen derselben nicht entsprechen konnte.

Anmerkung

Am 6. Dezember 1857 erklang in Österreich das Halali zur letzten Prunkjagd auf den Gütern des Grafen Trauttmannsdorf bei Pardubitz (ostböhmische Stadt in der Tschechischen Republik).

Erst unter der Regierung des Kaisers Franz Josef I. (1830 bis 1916 n. Chr.) sollte die neuerstandene, nun österreichische Jagdmusik, einen nie geahnten Aufschwung nehmen. Den ersten und kräftigen Impuls zur Kultivierung der Jagdfanfarenmusik, aus der sich dann später die „ Österreichische Jagdmusik“ entwickelte, gab der österreichische Cavallier Hans Graf Wilczek, auf dessen Anregung der erste Solo Waldhornist des k. k. Hofopern Orchesters, Josef Schantl, eine kleine leichfassliche Hornschule für Bläser des Natur Jagdhornes schrieb.

Im Jahre 1879 traten, anlässlich zur Feier der silbernen Hochzeit des Österreichischen Herrscherpaars, zwölf der besten Cavaliere zur Bildung einer historischen Jagdgruppe zusammen. Diese nahmen am Festzug, der von Hans Makart geschaffenen wurde, teil.

Neue Kompositionen

In dieser Gruppe sollte nun zur Erzielung eines größeren Effektes eine regelrechte Fanfarenmusik mitwirken. Nachdem man in Österreich bis zum Jahre 1879 von einer Jagdfanfaren Literatur soviel als gar keine Kenntnis hatte, demzufolge auch keine geschulte Jagdmusik bei der Jagd Gruppe mitwirken konnte, erhielt Schantl vom Grafen Wilczek den Auftrag, für die historische Jagdgruppe eine Fanfarenmusik zusammenzustellen, welche nur auf dem in Frankreich benützten Dampierrehorn exekutiert werden sollte. Schantl komponierte demzufolge für diese Gelegenheit verschiedenen Fanfaren für vier (Es-) Naturhörner, die durch natürliche Frische und Charakteristik viel zum sensationellen Erfolge dieser glänzenden Gruppe beitrugen.

Zur dauernden Erinnerung an diese, in aller Beteiligten Gedächtnis fortlebende, Gruppe  fasste Graf Wilczek den glücklichen Gedanken, dass jede dieser geblasenen Fanfaren den Namen der bei der historischen Jagdgruppe beteiligt gewesenen Cavaliere tragen sollte. Graf Wilczek war auch der erste österreichische Adelige, der anfing, selbst das Waldhorn zu blasen, und es unter Schantls Leitung auf diesem Instrumente zu einer großen Meisterschaft gebracht hat. Dieses Beispiel ahmten in erster Linie der gegenwärtige Oberjägermeister des Kaisers von Österreich, Seine Excellenz Hugo Graf Abensperg und Traun, dann Graf Breunner Enckevoerth und später noch viele andere hohe Cavaliere nach.  So kam es, dass die bis zur Zeit des Festzuges fast ganz in Vergessenheit geratene Gepflogenheit, bei Jagden im größeren Stile die Jagdmusik zu verwenden und regelrecht zu pflegen, wieder in Aufnahme kam und eine ungeahnte Verbreitung gewinnen sollte.
Es kann also füglich Graf Wilczek als Bahnbrecher der spezifisch österreichischen Jagdmusik betrachtet werden. Graf Traun in seiner Funktion als kaiserlicher Oberjägermeister führte nun die durch Schantl in eine einheitliche Form gebrachte, für den modernen Jagdbetrieb sich vortrefflich eignende Jagdmusik bei den großen kaiserlichen Jagden im Tiergarten wieder ein.

Jagdmusik neu

Somit kann das Jahr 1879 als dasjenige bezeichnet werden, in welchem die österreichische Jagdmusik neu entstand. Schantl vervollständigte die Jagdmusik den Anforderungen er Neuzeit entsprechend und teilte dieselbe, zum Teile auch ähnlich der französischen Jagdmusik, in Jagddienstsignale, in Fanfaren des höchsten und hohen Jagdherren, und schließlich in Revier Fanfaren ein.  Die Jagddienstsignale und Fanfaren der höchsten und hohen Jagdherren sind im vorliegenden I. Teil der österreichischen Jagdmusik enthalten, die Revier Fanfaren sollen den demnächst erscheinenden II. Teil der österreichischen Jagdmusik bilden.

Schantl machte gegenüber der französischen Jagdmusik einen großen Schritt vorwärts, indem er einerseits die Jagddienstsignale vereinfachte und so für den Jagdteilnehmer leicht fasslicher machte, andererseits der Jagdfanfare noch einen größeren Reiz verlieh, indem er den Fanfaren eine musikalisch ausgeprägte Form dadurch gab, das er im Gegensatze zu den französischen Fanfaren, welche nur zweistimmig waren, diese vierstimmig komponierte. Die Melodie der Fanfare erhielt durch das Hinzukomponieren von zwei Mittelstimmen eine harmonische Begleitung, welche durch Hinzutritt der vierten Stimme als Bassbegleitung jetzt ein musikalisch gerundetes Ganze bildete, zufolge dessen in ihrer gegenwärtigen Form dem verwöhnten und musikalisch verfeinerten Geschmacke unserer Zeit vollkommen Rechnung trägt, ohne an Charakteristik etwas eingebüßt zu haben.

Die geringe Anzahl der Naturtöne, die dem Jagdhorn eigen sind, machte die Aufgabe, eine möglichst große Abwechslung der Melodie zu erzielen, zu einer nicht wenig schwierigen. Nur durch jahrelanges Studium des Jagdhornes und durch die rhythmische Behandlung der Melodie konnte es so weit gebracht werden, dass sich die große Zahl der von Schantl geschaffenen Fanfaren von einander eben durch die Charakteristik in Melodie und Rhythmus unterschieden.

Kronprinz Rudolf

Im Frühjahr des Jahres 1881 war es, als bei Gelegenheit der Rückkehr seiner kaiserlichen Hoheit des Kronprinzen Rudolf von Österreich von seiner, später durch ihn selbst ebenso geistvoll als poetisch geschilderten Orientreise in sein Vaterland, zum ersten Male, zur Begrüßung von Österreichs hoffnungsvollen Thronerben, im kaiserlichen Tiergarten zu Lainz die nun neu geschaffene österreichische Jagdmusik erklang.

Die überraschenden Erfolge der kaiserlichen Jagdmusik hatten zur Folge, dass mehrere hervorragende österreichische Cavaliere und Besitzer ausgedehnter Jagdbarkeiten auf ihren Gebieten die Jagdmusik analog der kaiserlichen einführten.

Graf Breunner – Enkevoerth war der erste hohe Jagdherr, welcher auf seinen Jagdgebieten die österreichische Jagdmusik einführte und in mustergültiger Weise pflegte. (Gegenwärtig hat Graf Breunner Enckevoerth in seinen österreichischen Jagdgebieten vier, in den ungarischen zwei Waldhornquartette, in Summe 24 Bläser). Diesem Beispiele folgten bald Franz Graf Colloredo – Mannsfeld zu Sierndorf bei Stockerau, Fürst Paar zu Czernitz in Böhmen, Franz Graf Lamberg in Steyer, Franz Fürst Auersperg in Carlslust, Landgraf Fürstenberg zu Weitra in Niederösterreich, Rudolf Graf Kinsky in Krasna und Adolf Fürst Schwarzenberg zu Frauenberg in Böhmen.

Im Lauf der Jahre gab es mehr und mehr jagdmusikbegeisterte Hornisten. Auf Anregung Schantls wurde im Jahre 1883 der „Erste Wiener Hornisten Club“ gegründet, der es sich zur Aufgabe machte, die historische, insbesondere aber die neugeschaffene österreichische Jagdfanfaren zu pflegen.

Meilensteine der Jagdmusik

Weitere Meilensteine der Österreichischen Jagdmusik aus „Chronik der Jagdmusik“ von Mag. Dr. Bernhard Paul (Ausgebildeter Musiker (Hornist), Musikwissenschaftler mit dem Forschungsschwerpunkt: Horngeschichte, Instrumentenbau in Österreich, Geschichte der Österreichischen Jagdmusik etc.):

Jahr Beschreibung
1898 50-jähriges Regierungsjubiläum Kaiser Franz Josephs. Huldigungsfeier der Österreichischen Weidmänner in Schloss Schönbrunn – Konzert unter Mitwirkung von 50 Jagdhornisten
1902 Tod von Joseph Schantl, Solohornist der Wr. Philharmoniker. Sein Neffe, Heinrich Schantl, betreut in der Folge die k.k. Hofjagdmusik
1910 Erste Internationale Jagdausstellung Wien – Fanfarenkonzert im Juni unter erstmaliger Mitwirkung Karl Stieglers
1911 Uraufführung der St. Eustachius-Messe von Karl Stiegler bei der Nikolai-Kapelle.
1918 Zusammenbruch der österreichisch-ungarischen Monarchie
1923 Wiederaufnahme der St. Eustachiusfeier im Lainzer Tiergarten – Initiative von Forstdirektor Franz Wojtech
1935 Tod von Karl Stiegler, Solohornist der Wr. Philharmoniker, Weiterführung der St. Eustachiusfeiern bis in die letzten Kriegsjahre
1950 Reaktivierung der „Lainzer Jagdmusik“ durch Ernst Paul, Solohornist des Wiener Rundfunkorchesters. Erste St. Eustachiusfeier nach dem Zweiten Weltkrieg
1953 Veröffentlichung historischer österreichischer Jagdsignale (Österreichs Weidwerk)
1959 Dokumentation österreichischer Jagdmusik im Jagdmuseum Marchegg
1960 Beginn der jährlichen Jagdhornkonzerte bei der Hermesvilla (Juni)
1971 Eröffnung der Weltjagdausstellung in Budapest durch die „Lainzer Jagdmusik“
1978 Niederösterreichische Landesausstellung: Jagd – einst und heute (mit Dokumentation der Geschichte der Jagdmusik)
1979 Ausstellung des historischen Museums der Stadt Wien: – vor hundert Jahren (mit musikalischen Dokumenten vom Makartfestzug) Tod von Ernst Paul
1981 Neugestaltung des Jagdmuseums Marchegg (neue Dokumentation der Geschichte der österreichischen Jagdmusik)
1997 Kärntner Landesausstellung: alles Jagd … (neue Dokumente aus der Geschichte der österreichischen Jagdmusik)
2000 Jubiläum im Zeichen der Kontinuität – 50 Jahre St. Eustachius-Feier im Lainzer Tiergarten – 50 Jahre „Lainzer Jagdmusik“ nach dem Zweiten Weltkrieg

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Das Jagdhorn

Prinzipiell unterscheidet man:

Fürst-Pless-Horn
Parforcehorn und
Trompe de Chasse (Jagdtrompete).

Das Fürst-Pless-Horn (ab 1870 sehr verbreitet) wurde nach dem Oberstjägermieter Fürst von Pless, der unter den Kaisern Wilhelm I. und Wilhelm II. diente, benannt. Dieses Horn – in B gestimmt – hat eine maximal 130 cm Rohrlänge. An und für sich umfasst das Horn sieben Naturtöne. Wobei nur die fünf tiefsten Töne verwendet werden. Durch die Verwendung eines Ventils, wird der Tonumfang erweitert.

Parforcehörner, die ihren Ursprung in Frankreich hatten und im 18. und 19. Jahrhundert bei den Prunkjagden (chasse a` courre) zum Einsatz kamen.

Der große, praktische Vorteil war, dass diese Hörner um die Schulter genommen werden konnte, und so der Reiter beide Hände frei hatte. In unseren Breiten wurde das Parforcehorn erst wieder in den 80iger Jahren eingesetzt, da man die wunderbaren, musikalischen Möglichkeiten und Ergänzungen zu den Fürst Pless – Hörnern erkannte.

Die Jagdtrompete (Trompe de Chasse) ist eigentlich ein Parforcehorn (deutscher Sprachraum), meist in „D“ gestimmt, 4,54 Meter lang und mit einem Tonumfang von etwa vier Oktaven. Der tatsächliche Umfang an Tönen wird durch das verwendete Mundstück bzw. die Fertigkeit des Bläsers bestimmt. Zwei Punkte sind erwähnenswert: die Tayautierten Töne und die starke Vibration. Wobei das „Tayaut“ an das Geläut der Hundemeute erinnert.

Soziodemographische Daten der Befragten