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Der iPhone-Bock oder wer ist schuld?

August 8, 2018

Brunft! Hohe Zeit, Hitze, Bewegung und Faszination im Revier! Jedes Jägerherz schlägt während dieser besonderen Phase ein wenig schneller und die Gedanken sind vorwiegend bei der Pirsch bzw. beim Ansitz!

So auch bei mir. Die ersten „Anzeichen“ der Brunft sind aber nicht etwa die geänderten Verhaltensmuster des Rehwilds, nein, sondern die Aussagen der Jagdkameraden, wie: „die Brunft ist voll im Gange oder die Böcke stehen schon bei den Geißen!“ Wenn sich diese Aussagen verdichten, nach Abzug der üblichen Übertreibungen, ist es wirklich Zeit sich des Öfteren ins Revier zu setzen.

So geschah es auch vor ein paar Tagen, dass ich mit meiner Frau, trotz unbarmherziger Hitze, eine offene Kanzel im Revier aufsuchte. Dieser Platz hat noch nie enttäuscht!

Nachdem wir aufgebaumt und die markanten Punkt der Landschaft mit dem KAHLES – Rangefinder (LINK) ausgemessen hatten, kehrte beschauliche Ruhe auf dem Ansitz ein. Griffbereit lagen mein Lieblings-Spektiv von Swarovski (LINK), meine Blaser Professional Success (LINK) und mein iPhone bereit. Letzteres diente zur Überbrückung von längeren Ansichtspausen, was natürlich nicht im Sinne der Jagd, aber sehr verbreitet ist.

Leider dauerte diese kontemplative Phase nicht sehr lange, da der ansässige Bauer mit seinem Traktor erschien und zu mähen begann. So mussten wir zu einer benachbarten Reviereinrichtung „flüchten“. Nun hieß es alles schnell verstauen, fast alles, wie sich später herausstellte.

Nach einem schnellen Wechsel des Ansitzes kehrt auch dort bald Ruhe ein. Noch dazu ist dies eines meiner Lieblingsplätze, nämlich die „Ammering“, da es dort immer ein interessantes Programm auf „Hubertus 1‘“ zu sehen gibt.

Die einkehrende Ruhe hatte aber zur Folge, dass die noch zu erledigenden Dinge des Alltags plötzlich vor dem geistigen Auge auftauchten. Schnell, zum iPhone gegriffen und im Terminkalender nachgeschaut. Nur, mein iPhone war nicht da! Wer kennt heutzutage diese Unruhe nicht, die uns in Geiselhaft nimmt, wenn wir kein Handy bei uns oder gar vergessen haben? Unruhe und ganz „schlechte“ Bilder im Kopf wechseln einander ab. Diese Unrast spürte auch meine Frau und wollte natürlich die Ursache wissen. Netterweise und voller Verständnis für die Jagd, bot sie sich an, mein „Wisch-O´Phone“ zu holen.

Nun war ich alleine in der Kanzel und versuche mich auf das Jagdgeschehen zu konzentrieren. Tatsächlich, um 1930 Uhr zog ein Bock aus. Gut geperlt, Masse bereits herunten, graues Haupt, kurze Enden, fast schon einen Altersknick, Rosenstöcke tief drinnen und zusammengewachsen. Anders gesagt: schussbar! Leider zierte sich der alte Recke, wie wenn er es gespürt hätte, und stand immer im spitzen Winkel zu mir. Schon längst hatte ich meine Bayrische Prinzessin aus dem Hause Blaser gespannt. Das Zielfernrohr Z8i (2-18×56) von Swarovski (LINK) zeichnete fast noch besser als das Spektiv. Es ist eine wahre Freude mit dieses Präzisionsinstrument zu jagen. Der Punkt des Zielfernrohres zog mit und wartete, dass das Stück „breit“ stand. Nach einer halben Ewigkeit dreht sich der Methusalem endlich in die richtige Richtung, hob das Haupt und war mit drei Fluchten grußlos aus dem Blickfeld entschwunden!

Was war geschehen?

Nun, meine liebe Frau „wechselte“ an. Jetzt begann am Hochstand, sagen wir, eine interessante Diskussion. Ich hätte mich natürlich überschwänglich für die „Rettung“ meines Telefons bedanken müssen, aber ich hatte im ersten Moment, so glaube ich, etwas Grimmiges und Vorwurfsvolles in meinem Gesichtszügen. Fehler Nummer zwei war, dass ich unüberlegter und leichtsinniger Weise meiner Frau auch noch erklärte, dass der gute Bock wegen „Fremdeinwirkung“ abgesprungen war.

Was soll ich nun sagen? Es folge ein „nonverbales“ Gewitter im Hochstand! Hand aufs Herz, was war wirklich die Ursache des Abspringens? Das Vergessen meines Telefons oder die Wahrnehmung des Bocks?

Salomonische Lösung: Natürlich war der Bock schuld, er hätte ja auch wegschauen können oder?

Lange Rede, kurzer Sinn: Meine darauf sofort startende „Süßholzraspel-Offensive“ hatte erst sehr späten am Abend, um nicht zu sagen, in der tiefen Nacht, Erfolg und wurde durch einen fast nicht wahrnehmbares gnädiges und versöhntes Lächeln signalisiert. Die abschließenden Worte: „gehst halt morgen alleine auf die Pirsch“, ließen bei mir ansatzweise so etwas wie ein schlechtes Gewissen aufflackern.

Gesagt, getan! Am nächsten Tag zog ich wieder in das Revier und versuchte gleich zu Beginn mein Glück auf der „Ammering“. Diesmal klappte es!

Dankbar und demütig hielt ich für ein paar Minuten beim entnommenen Bock inne. Als mein Jagdkamerad, der ebenfalls im Revier war, sich per „WhatsApp“ auf meinem iPhone erkundigte, ob ich Jagdglück hatte, musste ich schmunzeln….

Waidmannsheil,

Ihr

Gerhard Amler

2021-03-14T12:25:43+00:00
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