In diesen Tagen ist alles andere wieder Normalzustand. Die Jagd ist auch nicht von den Folgen dieser Pandemie ausgenommen, und jeder einzelne ist dazu aufgerufen seinen Beitrag zur Bekämpfung dieser Geisel beizutragen! In diesem Sinne: Stay home!
Nichts desto trotz hat auch die mit dieser Krisenzeit einhergehende Renaissance der „Biedermeierzeit“ auch ihr Gutes! Man hat nun Zeit für Dinge, die vielleicht irgendwo auf der „ to do –Liste“ rangieren, aber immer wieder verschoben wurde.
Eines davon ist sicherlich die sorgfältige und richtige Pflege des Gewehrs, speziell die des Laufes, welcher maßgeblich für die Ballistik verantwortlich zeichnet!!
Ballistik, was ist das?
Die alten Griechen definierten „Ballistik“, wie folgt: „Sie ist die Lehre von geworfenen Körpern und deren Flugbahnen“. Grundsätzlich unterteilt sich die Ballistik unserer Tage in vier Bereiche:
- : Innen Ballistik: Lauf
- : Mündungs Ballistik
- : Außen Ballistik: Flugbahn und Einflussfaktoren (Höhe, Wind, Thermik, Temperatur etc.) und
- : Ziel Ballistik: Wirkung
Ich möchte hier in der Folge ein wenig auf die Punkte 1 und 2 eingehen.
Tipp 1: Reinigen, warum?
Vorausgesetzt, dass immer die gleichen Patronen (Charge) verwendet werden und annährend auch die restlichen Bedingungen sich nicht wesentlich verändern, ist es auch wichtig, dass die „Landschaft“ im Lauf annähernd gleich bleibt.
Jeder Schuss verändert die Innenbedingungen des Laufes und damit die Innenballistik! Je öfter geschossen wird, desto mehr ergeben sich Ablagerung. Durch jeden weiteren Schuss werden diese „Reste“ dann in der Folge durch das Projektil auf die Laufinnenoberfläche und Züge bzw. Felder eingepresst und durch den Abbrand auch teilweise eingebrannt!
Dadurch ändern sich, wissenschaftlich formuliert, der sogenannte „Reibungskoeffizient“ und damit auch die Treffpunktlange. Anders formuliert, je verschmutzter der Lauf ist, desto mehr Kraft braucht die Kugel schon im Lauf und dadurch wird auch die Flugbahn der Kugel beeinflusst!
Sportschützen reinigen so z.B. nach jeder 5er Serie den Lauf. Dies garantiert ein standardisiertes Schussergebnis.
Rost, tief eingebranntes Pulver, dicke Tombak-, Blei- und Kupferschichten – aufgrund von sporadischer Reinigung – lassen sich allerdings nur noch mit starken und umweltunfreundlichen Laufreinigern (meist auf Ammoniak Basis) entfernen.
Tipp 2: Regelmäßiges Reinigen
Das regelmäßige Reinigen des Laufes vermeidet die Notwendigkeit der Anwendung von aggressiven Putzmittel, wie z.B. die eines Laufreinigers!
Tipp 3: Öl Schuss
Dieses Phänomen hat auch etwas mit dem „Reibungskoeffizienten“ zu tun! Durch das Öl auf der Oberfläche des Lauf Inneren wird dieser Koeffizient, also der Widerstand, welchen das Projektil von der inneren Laufoberfläche entgegengesetzt bekommt, herabgesetzt! Das Projektil benötigt weniger Kraft, um durch den Lauf zu kommen, die Vo (Mündungsgeschwindigkeit) ist höher und damit ist die Flugbahn auch steilen und die Treffpunktlage ist ebenfalls erhöht!
Daher ist es unbedingt egal, ob nach einer chemischen Laufreinigung oder einer normalen Reinigung, notwendig, den Lauf „trocken zu wischen“!
Tipp 4: Putz Utensilien / Ausrüstung
Je professioneller die Ausrüstung ist, desto lieber putzt man und umso besser ist das Endergebnis! Putzdochte z.B. sind praktisch, aber deren Effizienz hat noch Luft nach oben.
Ein Putzgestell (Putz Station), Putzstöcke mit einem Kugellager, bewährte Putzmittel und Patches (Reinigungsflecken aus Löschpapier) garantieren den gewünschten Erfolg!
Tipp 5: Putzstockführung / „falsches Schloss“
Was ist das?
Nun, dass ist nichts anderes, wie ein „künstlicher Verschluss“, der einzig die Aufgabe hat, den Putzstock so zu führen, dass dieser das Putzmittel im Lauf, und nicht im Patronenlager abgibt. So bleiben das Patronenlager und der Konus, der das Projektil aufnimmt vom Putzmittel verschont!
Für jedes Waffenmodel gibt es im Fachhandel eigene Putzstockführungen zu bestellen!
Zum Abschluss jedes Putzvorgangs sollte man aber sorgsam auch das Patronenlager reinigen und mittels Patch trocken wischen!
Tipp 6: Welches Putz Mittel?
Nun, jeder Hersteller vertritt seine eigene Philosophie und damit Mittel.
Bei sehr stark verschmutzten und angerosteten Laufen führt kein Weg daran vorbei, diesen chemisch zu reinigen (Laufreiniger einige Stunden einwirken lassen und dann weiter reinigen). Meist sind aber diese Reiniger auf Ammoniakbasis und dadurch nicht nur hoch toxisch, sondern greifen die Laufinnenfläche an. Daher ist die Nachbehandlung mit Öl unabdingbar!etc.
Ein sehr traditioneller Hersteller wirbt mit einer Gesamtpalette von Reinigungsprodukten mit natürlich abbaubaren Substanzen. Da ich selbst dieses Mittel verwendete, auf Winter Gams Jagd war, der Verschluss eingefroren war, da dieses Mittel „zähflüssig“ wurde, bin ich davon abgekommen. Die Gams habe ich nicht bekommen….
Viele Hersteller bringen Produkte für jede Art von „Verunreinigung“ auf den Markt: Tombak, Blei, Kupfer Pulver etc.[
Ich glaube man muss einfach sich selbst ein Bild von der Wirkung machen oder vielleicht Tipps von den Profis einholen! Sportschützen, Jägerinnen und Jäger mit langer Erfahrung, Perfektionisten aus der Jagdwaffenherstellung etc.
Am Ende des Tages ist das Schussbild, und da ist der erste Schuss nach der Reinigung der Wichtigste, das einzige Kriterium! Denn, ein Öl Schuss in Jagd ist nicht waidgerecht; insbesondere auf weite Distanzen!
Tipp 7: Wie revitalisiere ich alte Verschlüsse?
Dies ist immer wieder ein Problem, abgesehen, dass die Schlagfeder müde und der Schlagbolzen schon abgenutzt ist. Hier gibt es eine ganz einfache Lösung:
Gehen Sie in einen Auto- oder Motorradfachgeschäft und kaufen Sie sich einen Bremsscheibenreiniger. Träufeln Sie solange diesen Reiniger in den senkrechten gehaltenen Verschluss (in die Öffnung, wo normal der Schlagbolzen herauskommt) solange, bis die Farbe der austretenden Flüssigkeit, die der der eingefüllten Flüssigkeit entspricht.
Abtropfen lassen und dann mit einem auf Graphitbasis aufgebauten Öl leicht einsprühen. Fertig!
Tipp 8: Ablauf einer standardisierten Reinigung!
Nach jedem Jagdeinsatz oder z.B. Hegeringschießen wird das Gewehr einfach außen grob gereinigt.
Aber, Achtung auf die Optik, diese mag es nicht, wenn Öl etc. auf die Linsen kommt!
Procedere:
- Aufbau des Putzgestells auf einer soliden Unterlage. Um das Putzen durchführen zu können sollte das Gestell auf einem Tisch, Werkbank etc. aufgebaut werden. Zu beachten ist, dass bei der Laufmündung beim Austreten des Putzstocks auch Reste des Putzmittels durch die Luft wirbeln!
- Gewehr in das Gestell einlegen, Verschluss entfernen, Optik schützen, das „falsche“ Schloss einfügen und einen Tuch auf den Kolben. Das Tuch verhindert das die Reinigungsmittel auf den Schaft abtropfen.
- Putzstock (mit Kugellager im Griff, dadurch rotiert die Bürste und dringt in die Züge und Felder des Laufes ein) eine Drahtbürste aufschrauben, Reinigungsmittel aufträufeln und durch das „falsche“ Schloss in den Lauf einschieben!
- Faustregel: Für jeden abgegebenen Schuss 1x mal hin und her im Lauf, plus 5 x für eine Grundreinigung!
- Je nachdem, welche Putzphilosophie man hat, wiederholt man das mit dem Blei,- Kupfer und Pulverentferner.
- Zuerst die Bürste, dann die Patches.
- Nach jedem Durchgang mit Reinigungsmittel, sollte man nun einfach mit den Patches die gelösten Rückstände beseitigen. Die sollte sooft durchgeführt werden, bis das Patch „rein“ bleibt.
- Am Schluss entfernt man das „falsche“ Schloss und reinigt das Patronenlager mit einem Patch am Putzstock!
- Wichtig ist es auch die Mündung außen zu reinigen, damit auch dadurch ein Fehlschuss vermieden wird!
- Schalldämpfer: auch diese sollte man nach jedem Jagdeinsatz vom Lauf herunterschrauben, damit diese trocken und der „Mix“ aus Kondenswasser und Rückständen von Blei, Pulver und Tombak, nicht in das Innere des Laufes rinnen. Diese „Mix“ ist eine hoch säurehaltige Flüssigkeit und kann auf die Dauer den Lauf unbrauchbar machen. Für den Dämpfer selbst gibt es eigene Reinigungsmittel. Wichtig ist es auch das Gewinde am Lauf, wo der Dämpfer aufgeschraubt wird, immer zu ölen!
Fazit:
Wenn man dies öfter und routinemäßig macht, weiß man, wie das Schussverhalten nach der Reinigung ist und hat weder Öl Schuss, erhöht die Lebensdauer und konserviert die Präzession der Jagdwaffe.
Viel Spaß beim Reinigen!
Waidmannsheil,
Ihr
Gerhard Amler
P.S.: Fragen an „office@jagd-noe.at„
